
Juan Carlos Alfonso Víctor María de Borbón y Borbón-Dos Sicilias hat Spanien verlassen.
Wer in diesen Tagen zufällig spanische Zeitungen liest, stolpert häufig über Corona in einer weiteren Bedeutung. La corona, die Krone, meint das spanische Könighshaus und die königliche Familie. Und die Zeitungen sind gerade voll von Nachrichten über das Königshaus, insbesondere über Juan Carlos, den emeritierten König, der sich vor Ermittlungen der Justiz nach den arabischen Emiraten hin davon gemacht hat.
Das Reiseziel verlautet von der was das Königshaus angeht gewöhnlich gut unterrichteten spanischen Zeitung ABC. Dem Vernehmen nach wohnt er dort im 5-Sterne-Haus Emirates Palace. Es steht zu vermuten, dass es ihm dort an nichts mangeln wird, was Geld kaufen kann, zumal er ein Vermögen von geschätzt über einer Milliarde Euro mitbringen dürfte.
Dieses Geld stammt, so wird spekuliert, aus Geldwäsche und Schmiergeldzahlungen im Rahmen diverser lukrativer Vertragsabschlüsse zwischen spanischen Unternehmen und ausländischen Staaten und Organisationen, insbesondere in der arabischen Welt, wohin der gewesene Monarch als gut vernetzt gilt.
Die Rede ist von dem gleichen Juan Carlos, der nach Francos Tod Spanien maßgeblich mit von der Diktatur in die Demokratie geführt hat. Die Rede ist von dem Juan Carlos, der 1981 allen voran einen Staatsstreich der Guardia Civil verhinderte. Dem Staatsoberhaupt, das in seiner Amtszeit zu der moralischen Instanz in Spanien wurde.
Dass hinter der Fassade des integeren Staatsoberhauptes etwas nicht stimmt, wurde der großen Öffentlichkeit erstmals im April 2012 bekannt, weil der damals noch amtierende König sich während einer schweren Wirtschaftskrise in seinem Land die Hüfte brach. Das geschah beim Sturz über eine Türschwelle, wie man hört, der Türschwelle einer Hütte, einer Jagdhütte, einer Jagdhütte in Botswana. Wäre der König nicht über die Schwelle gestolpert und hätte man ihm nicht deswegen in Madrid eine künstliche Hüfte einsetzen müssen, hätte die Öffentlichkeit erstmal nicht erfahren, dass Juan Carlos in Botswana war, in Botswana auf einer Luxussafari, in Botswana auf Großwildjagd während Spanien (etwa halb so viele Einwohner wie Deutschland) unter einer Krise mit mehr als 5 Millionen Arbeitslosen ächzt.
Dieser Scheidepunkt verdichtet sich in einem Bild. Man findet es leicht im Internet. Es zeigt Juan Carlos vor einem toten Elefanten. Es zeigt Juan Carlos, der zu dieser Zeit 44 Jahre lang Ehrenvorsitzender des WWF-Spanien war, wie er mit Jagdgewehr vor einem toten Elefanten posiert, der er mutmaßlich selbst getötet hat.
Pikantes Detail: Der König war mit einer Dame in Afrika, die nicht Königin Sofia war. Er war dort in Begleitung seiner amiga íntima Corinna zu Sayn-Wittgenstein-Sayn, die als Corinna Larsen 1964 in Frankfurt am Main geboren wurde. Die beiden lernten sich 2006 kennen und ließen es zu, dass ihre Lebensläufe sich immer mehr verzahnten und verschlungen.
Für ihren Beistand in schwerer Zeit (als seine Hüfte gebrochen war) überwies er ihr rundheraus 65 Millionen Euro, fast Zweidrittel einer mutmaßlichen Schmiergeldzahlung aus Saudi Arabien.
Ein weiterer kleiner Kulminationspunkt war erreicht, als Juan Carlos seiner Familie eröffnete, er werde sich von seiner Frau scheiden lassen, um Corinna zu Wittgenstein heiraten zu können. Dies nun verhinderte das Königshaus und brachte ihn schließlich dazu abzudanken. Diesem Druck gab er 2014 nach.
Nun ist die spanische Gesetzgebung derart, dass der König Immunität gegen das Gesetz genießt. Und zwar nicht nur für seine Handlungen als König, sondern für alles, was er so tut. Das nun hatte freilich mit seiner Abdankung ein Ende und weil es an Anfangsverdachten keinen Mangel gab, begann entsprechend die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen.
Vor diesem Hintergrund wirkt die jetzige Abreise des Altkönigs wie eine Flucht vor der Justiz.
Und wie vielen Spaniern bleibt mir verwundertes Augenreiben über die zwei Gesichter des Mannes, der fast vier Jahrzehnte König von Spanien war.
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